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Achtung: LAG Schleswig-Holstein schränkt § 613a BGB ein!

Ein wenig beachteten Urteil des LAG Schleswig-Holstein vom 11. September 2018 (Az.: 1 Sa 295/17) könnte ungeahnte Möglichkeiten im Rahmen einer Unternehmensnachfolge eröffnen. Dort heißt es in den

Leitsätzen:

  1. Die Betriebspartner können grundsätzlich die Aufhebung einer (hier: Gesamt-) Betriebsvereinbarung für den Fall eines Betriebsübergangs vereinbaren und damit das Vergütungsniveau im Betrieb zu einem Zeitpunkt vor der Veräußerung absenken.
  2. Eine solche Vereinbarung bedarf der Zustimmung der Tarifvertragsparteien.
  3. Wird diese Zustimmung erteilt, hat der auf eine Vergütung nach dem bisherigen Vergütungsniveau klagende Arbeitnehmer die Tatsachen vorzutragen, die für eine rechtsmissbräuchliche Umgehung des § 613a I 2 BGB sprechen.
  4. Eine zum Zwecke der Sanierung des Betriebs erfolgte Absenkung des Vergütungsniveaus durch die Aufhebung einer Betriebsvereinbarung zu einem Zeitpunkt 24 Stunden vor einem Betriebsübergang ist nicht rechtsmissbräuchlich, wenn ihr die Tarifvertragsparteien zugestimmt haben.

Stellungnahme:

Nach Ansicht des LAG Schleswig-Holstein sind Betriebsparteien also auch im Vorfeld eines Betriebsübergangs im Grundsatz zur Aufhebung von Betriebsvereinbarungen befugt. Diese Einschätzung erscheint wenig überraschend, ergibt sich die Möglichkeit im Rahmen von § 77 Abs. 3 BetrVG doch bereits aus der Regelungskompetenz der Betriebsparteien. Für eine solche Aufhebung dürfte eine Zustimmung der Tarifvertragsparteien in aller Regel nicht erforderlich sein. Schließlich findet durch die Aufhebung lediglich eine Kompetenzrückgewähr auf die Tarifvertragsparteien statt.

Potenzial für die Beratungspraxis birgt die Entscheidung aber insoweit, dass die Betriebsparteien – soweit ersichtlich – erstmals im Vorfeld eines Betriebsübergangs einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen beschließen und damit den vollständigen Eintritt des Erwerbers in die Rechte und Pflichten der Mitarbeiter nach § 613 a Abs. 1 BGB zumindest teilweise verhindern konnten. Damit eröffnet das LAG eine kollektivrechtliche Gestaltungsmöglichkeit, Betriebsübergänge zu verbilligen.

 

Der Betriebsübergang in der Unternehmensnachfolge von Niels Garbe

WecBild PP Betriebsüberganghselt der Inhaber eines Unternehmens oder eines Unternehmensteils durch eine im weitesten Sinne rechtsgeschäftliche Vereinbarung, spricht man von Betriebsübergang. Inzwischen wurde der Betriebsübergang durch mehrere Richtlinien auch europarechtlich weitgehend vereinheitlicht und findet in § 613a BGB seinen Niederschlag im nationalen Arbeitsrecht.

Gem. § 613 BGB geht das Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten auf den Erwerber über und die bisherige Betriebszugehörigkeit gilt auch für den neuen Arbeitgeber. Dieser Bestandsschutz kann im Rahmen der Unternehmensnachfolge allerdings durchaus problematisch sein, bzw. werden. Aus diesem Grund hat Herr Garbe, als Fachanwalt für Arbeitsrecht, die Probleme und Möglichkeiten in seinem neuesten Vortrag herausgearbeitet und seinem interessierten Publikum präsentiert.

Für die Teilnehmer der Veranstaltung und interessierte Dritte stellen wir seine Präsentation hiermit zur Verfügung.

Bei allen Fragen zum Arbeitsrecht steht Herr Garbe selbstverständlich auch Ihnen gerne als Ansprechpartner oder Referent persönlich zur Verfügung. Zur Kontaktaufnahme klicken Sie hier.