Im Rahmen der Unternehmensnachfolge stellt sich stets die Frage: Wie viel ist das Unternehmen wert? Wir erklären die Grundzüge der gängigen Methoden, mit denen sich der Unternehmenswert ermitteln lässt. Im Fokus steht dabei allein die Wertermittlung zu marktwirtschaftlichen Zwecken. Die Bewertung im steuerlichen Zusammenhang folgt strengeren juristischen Vorgaben, die hier keine Berücksichtigung finden.
Warum Unternehmensbewertung kompliziert ist
Soll ein Gegenstand verkauft werden, muss ein Preis her. Auf welche Summe die Vertragsparteien sich einigen, hängt meist von der Einschätzung des Werts der Sache ab. Diesen zu bestimmen, ist nicht leicht. Das gilt ganz besonders für den Wert von Unternehmen. Sie sind komplexe Gebilde, deren Wert sich aus einzelnen Gegenständen und künftigen Erfolgen herleiten lässt.
Die Betriebswirtschaftslehre hat in der Vergangenheit zahlreiche Verfahren entwickelt, um den Wert eines Unternehmens zu bestimmen. Allerdings führt keine dieser Methoden zum „objektiv richtigen“ Unternehmenswert. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung hat vielmehr gezeigt, dass es diesen nicht gibt. Wert hat stets (auch) subjektive Komponenten. Insofern ist der Unternehmenswert abhängig vom Verfahren, das zur Anwendung kommt, und den subjektiven Einschätzungen des Bewerters.
Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) empfiehlt in seinen Grundsätzen zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW S1) das sog. Ertragswertverfahren oder die Discounted-Cash-Flow-Methode. Daher beschränkt sich unser Beitrag auf diese Methoden.
Das Ertragswertverfahren
Dem Ertragswertverfahren liegt folgender Gedanke zugrunde: Der Käufer eines Unternehmens macht die Höhe seiner Investition davon abhängig, welche Gewinne er mit dem Unternehmen künftig erzielen wird. Dafür ist weniger von Bedeutung, aus welchen Gegenständen (Maschinen, Gebäuden etc.) sich das Unternehmen zusammensetzt; vielmehr kommt es darauf an, wann so viele Gewinne erwirtschaftet wurden, dass seine Investition sich ausgezahlt hat.
Vereinfacht gesagt, bestimmt sich der Unternehmenswert deshalb nach dem Wert, den die künftigen Gewinne heute haben. Man geht grob wie folgt vor:
Es werdendie künftig zu erwartenden Gewinne der kommenden Jahre ermittelt. Als Ausgangspunktstützt man sich zu diesem Zweck auf das durchschnittliche Betriebsergebnis der letzten drei bis fünf Geschäftsjahre. Zuvor werden die jeweiligen Betriebsergebnisse um außergewöhnliche Effekte bereinigt.
Anschließend ist der sog. Kapitalisierungszinsfuß zu bestimmen. Dieser bildet das Risiko für den Investor ab und diskontiert die künftigen Erträge. Er setzt sich zusammen aus dem Zins einer risikoarmen Anlage (Referenzgröße sind meist langfristige Bundesanleihen) und dem unternehmensindividuellen Risikoaufschlag. Je nach Größe und Risikoveranlagung eines Unternehmens sind hier Werte von 2% bis 20% denkbar.
Im dritten Schritt wird der zu erwartende jährliche Ertrag durch den Kapitalisierungszinsfuß dividiert.
Das Ergebnis entspricht dem Barwert der zukünftigen Erträge.
Vorteil dieser Methode ist die leichte Handhabung. Allerdings sind die Ergebnisse nur bedingt aussagekräftig: Zum einen lässt sich aus den Betriebsergebnissen der Vorjahre nur sehr eingeschränkt auf die künftigen Ergebnisse schließen. Zum anderen hängt die Wahl des Kapitalisierungszinsfußes stark von subjektiven Erwägungen ab.
Die Discounted-Cash-Flow-Methode
Die in den USA entwickelte Discounted-Cash-Flow-Methode ist mittlerweile auch in Europa etabliert. Sie stellt in erster Linie auf die Entwicklung der frei verfügbaren Zahlungsmittel ab – und nicht auf Gewinngrößen wie das Ertragswertverfahren. Der Unternehmenswert richtet sich also danach, wie viel Liquidität dem Unternehmen zur Verfügung steht, die letztlich ausgeschüttet werden kann.
Man geht – stark vereinfacht – wie folgt vor:
Zunächst ist der Free Cash Flow der nächsten fünf bis zehn Jahre zu ermitteln. Diese Größe gibt wieder, welche Zahlungsmittel dem Unternehmen in der jeweiligen Periode zufließen. Ausgangspunkt für die Berechnung ist das EBIT (Ergebnis vor Steuern und Zinsen) des Unternehmens. Von diesem werden zunächst die Unternehmenssteuern abgezogen. Anschließend werden zahlungsunwirksame Erfolgsbeiträge herausgerechnet. Dies sind insbesondere Abschreibungen bzw. Zuschreibungen sowie die Bildung bzw. Auflösung von langfristigen Rückstellungen. So ergibt sich der Brutto Cash Flow, der zwar die zugeflossenen Zahlungsmittel wiedergibt, allerdings noch nicht den Abfluss für Anlageinvestitionen und Erhöhungen/Minderung des Working Capitals, u.a. des Lagerbestands,berücksichtigt. Diese Beträge sind im nächsten Schritt abzuziehen. Daraus folgt der Free Cash Flow, also der Betrag, den das Unternehmen aus eigener Kraft an die Kapitalgeber auszahlen könnte.
Wie erwähnt, reicht der Planungshorizont meist nicht weiter als fünf Jahre. Das Unternehmen wird aber auch nach diesem Zeitraum existieren und voraussichtlich Gewinne erwirtschaften. Um dies in die Wertermittlung einzupreisen, wird unterstellt, dass der letzte Free Cash Flow des letzten Planjahres sich in sämtlichen Folgejahren fortsetzt. So wird der Wert einer ewigen Rente bis zu 30 Jahen ermittelt, der in den Unternehmenswert einfließt. In diesem Zusammenhang lässt sich auch eine Wachstumsrate und ein Insolvenzrisiko berücksichtigen.
Der Free Cash Flow des Planungszeitraums sowie der Wert der ewigen Rente sind abzuzinsen. Um den Kalkulationszinsfuß zu errechnen, wird meist auf die durchschnittlichen Kapitalkosten des Unternehmens abgestellt (WACC – Weighted Average Cost of Capital). Maßgeblich sind also die Verzinsungserwartungen der Fremdkapitalgeber und die Ausschüttungserwartungen der Eigenkapitalgeber. Letztere werden rechnerisch erneut mit einem Zinssatz berücksichtigt, der sich aus der Addition einer risikofreien Alternativanlage und einem unternehmensspezifischen Risikoaufschlag ergibt. Bei den Fremdkapitalkosten ist zu berücksichtigen, dass sich diese steuermindernd auswirken.
Anschließend sind noch die zinstragenden Verbindlichkeiten des Unternehmens in Abzug zu bringen.