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N | A | C | H | F | O | L | G | E ist alles! Der erste Kontakt zum Unternehmen: Kurzportrait und Betriebsexposé

von Bernd Friedrich, September 2024

„Warum und wozu benötige ich überhaupt Kurzportait und Betriebsexposé?“
Ein aussagekräftiges Kurzportrait bzw, Betriebsexposé, oft auch Verkaufsexposé, Verkaufsprospekt, Factbook oder auch Dossier genannt, ist das Dokument, mit dem potentielle (Kauf-)Interessierte zum ersten Mal mit dem Betrieb im Detail in Berührung kommen. Wo finden Kurzportrait und Betriebsexposé in dem Gesamtprozess der Unternehmensnachfolge ihren Niederschlag? Wann und inwiefern sind solche Unterlagen aussagekräftig? Welche Inhalte sind wichtig aus Sicht eines Nachfolgenden? Was unterscheidet das Kurzportrait vom Betriebsexposé?

Strukturelle Einordnung des Kurzportrait bzw. Betriebsexposés
Nachfolgende, die sich für einen Betrieb interessieren, benötigen zunächst einige wichtige Informationen im Detail zum übernehmenden Betrieb. Sie finden diese Informationen in einem Kurzportrait und falls eine Vertraulichkeitserklärung mit dem abgebenden Unternehmenden geschlossen wurde, in einem Betriebsexposé.
Sowohl das Kurzportrait als auch das Betriebsexposé gehören im Rahmen des Unternehmensnachfolgeprozesses zum Schritt der Vorbereitung der Nachfolgeregelung. Diese Unterlagen haben einen deklaratorischen Zweck und enthalten wichtige Informationen vom Betrieb, die in einer gewissen Tiefe aufbereitet, dargestellt und veröffentlicht sind.
Diese Dokumente nutzt im ersten Schritt der Abgebende, um sich ein klares Bild davon zu machen, was genau verkauft werden soll und denkt den gesamten Prozess des Firmenverkaufes schon mal vor. Die Fakten, Daten und Zahlen des Betriebes werden zunächst analysiert, zusammengetragen, einsortiert und strukturiert und in einer Unterlage bedarfsorienti aufbereitet. Das bedeutet, die Dokumente sind inhaltlich und optisch so aufbereitet, dass sie den Leser inspirieren und bewegen, sich weiter mit dem Betrieb zu beschäftigen.

Aufbau und Inhalte von Kurzportait und Betriebsexposé
Das Kurzportrait beinhaltet nur sehr wenige Informationen. Man kann es auch als eine Zusammenfassung des Betriebes bezeichnen. Es wird nicht der Name des zu verkaufenen Betriebes genannt, sondern in welcher Branche dieser nachhaltig unterwegs war. In diesem Dokument ist die ungefähre Lage des Betriebes, rudimentäre Informationen zum Betrieb, Anzahl der Mitarbeitenden und der Betriebsimmobilie erkennbar sein.
Auch wenige Sätze über den Geschäftszweck des Betriebes und Aussagen zur Zielkundschaft sind für den Leser hilfreich.
Zur Ersteinschätzung der betriebswirtschaftlichen Situation des vorliegenden Betriebes werden ebensolche Kennzahlen (in aggregierter Form) je Geschäftsjahr eingefordert. Auch eine konkrete Aussage zu dem angebotenen Verkaufspreis des Betriebes darf nicht fehlen.
Um den Betrieb auch von seinen qualitativen Eigenschaften darzustellen, sind Alleinstellungsmerkmale oder Besonderheiten zu erwähnen, um beim Leser auch weiteres Interesse für diesen Betrieb weiter zu wecken.
Das Betriebsexposé hingegen veröffentlicht deutlich mehr Inhalte zum Betrieb. Es lässt sich untergliedern in einen Informations- und Zahlenteil.
Der Informationsteil fasst das Geschäftsmodell zusammen, informiert über die Geschichte des Unternehmens bis zum heutigen Tage, die Mitarbeiter- und Organisationsstruktur sowie den oder die Standort(e) des Unternehmens. Er gibt einen groben Überblick über die Produkte und Dienstleistungen sowie über Kunden- und Lieferantenbeziehungen. Ein Zukunftsausblick sowie ein Einblick in den Ablauf und die Struktur der geplanten Transaktion runden den Informationsteil ab.
Der Zahlenteil gibt einen wesentlichen Überblick über die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens in der Vergangenheit, ergänzt um eine zukünftige konservativ-realistische Zukunftsplanung / Prognose. Grundlage hierfür sind zumeist die drei vergangenen bzw. zwei folgenden Geschäftsjahre. Mögliche außergewöhnliche Sondereffekte wie zum Beispiel Umsatzeinbrüche durch die Covid-Pandemie oder auch Besonderheiten im Geschäftsmodell werden manchmal in den Zahlenteil integriert. Zur Darstellung des Zahlenteils ist vorher eine Unternehmensbewertung notwendig. In vielen Unternehmensexposés findet sich oft nur das reine Zahlenwerk der Bewertungsgundlagen. Auch eine graphische Darstellung über mehrerer Geschäftsjahre, die den Verlauf der einzelnen Kennwerte aufzeigt, gibt dem Leser einen Überblick über die Entwicklung.
Neben den inhaltlichen Informationen zum Betrieb müssen beide Dokumente optisch attraktiv und modern gestaltet sein. Dazu gehören u.a. ein ansprechendes, auf den Geschmack von jungen Nachunternehmenden ausgerichtetes Design, gute Bilder usw., die das Ganze auflockern und für sie attraktiv machen (es liegt im Auge des Betrachters).

Analoge oder gedruckte Form
Vor einigen Jahren waren gedruckte Betriebsexposés bzw. Kurzportraits noch das Mittel der Wahl für den Verkaufsprozess eines Betriebes. Mittlerweile hat sich der Austausch von Kurzportraits- bzw. Betriebsexposéunterlagen in elektronischer Form durchgesetzt. Das bedeutet, es werden elektronische Dateien erstellt. Eine häufig gestellte Frage ist hier das Thema Vertraulichkeit, da ein elektronisches Dokument sehr einfach per E-Mail weiterverteilt werden kann. Über digitale Wasserzeichen lassen sich hier jedoch auch Sicherungsmechanismen einbauen, welche die Vertraulichkeit der übergebenen Daten in der digitalen Welt sicherstellen. Darüber hinaus sind die elektronischen Dateien passwortgeschützt zu erstellen und zu versenden, damit das gezielte Abfließen von Daten deutlich erschwert wird.

Datenschutz
In der DSGVO gibt es keine speziellen Regelungen für den Verkauf von Unternehmen. In ein Kurzportrait bzw. Betriebsexposé gehören auf gar keinen Fall personenbezogene Daten von Mitarbeitenden, Bilder von Mitarbeitenden, Kunden oder Lieferanten. Um das zu verhindern, empfehlen wir die entsprechenden Daten zu anonymisieren und zu verdichten bzw. zu clustern. Diese Darstellung ist auch deshalb klug, weil mit einer Veröffentlichung der nichtanonymisierten Daten wird nicht gegen den Datenschutz verstoßen. Darüber hinaus werden auch ohne Not keine wichtigen Detail-Informationen über den zu verkaufenden Betrieb preisgegeben. Häufig sind auch sogenannte „Spione“, die sich über Betriebe informieren wollen, unter den (Kauf)Interessenten zu finden.

Zusammenfassung
Aus Sicht der Nachunternehmenden sind gut gemachte und aufbereitete bzw. aussagekräftige Unterlagen zum Betrieb sehr wertvoll, denn es vermittelt zum einen eine überzeugende Auseinandersetzung des Abgebenden mit dem Nachfolgeprozess und zum anderen das aktive Werben um potentielle insbesondere Nachunternehmende.
Die Interessierten müssen die Unterlagen lesen und verstehen, um die Vergangenheit, Gegenwart und die Zukunft (an der er/sie glauben soll) des Betriebes nachzuvollziehen.
Neben den harten Zahlen, Daten und Fakten müssen auch die ideellen Werte des Betriebes dargestellt werden.
Auch die Aufmachung des Kurzportraits und des Betriebsexposés muß die interessierten Nachunternehmenden animieren. Das erfolgt mit gut lesbaren Informationen, lebendigen Bildern sowie Farben und Design.

Damit diese Botschaften kundenfokussiert ausgesendet wird, empfehlen wir das Erstellen der Unterlagen von einem erfahrenen und geeigneten Profi durchführen zu lassen. In der Regel haben die Abgebenden ihre „eigene“ Sichtweise der inhaltlichen Darstellung auf den eigenen Bertrieb und treffen damit nicht unbedingt auf die Erwartungshaltungen an Informationen, den Geschmack von Nachunternehmenden, die in der Regel deutlich jünger sind.

Zum Autor
BERND FRIEDRICH [Unternehmer | Nachfolgebegleiter | Netzwerker]
ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur, Fachrichtung Maschinenbau. Er verfügt über 2 Jahrzehnte Erfahrung in HR-Funktionen bei internationalen Konzernunternehmen aus unterschiedlichen Branchen. Bernd Friedrich hat im Zuge der Übernahme des Geschäftszwecks einer damals bestandenen Unternehmung in Köln seine Unternehmertätigkeit aufgenommen und blickt als geschäftsführender Gesellschafter der CORRECT Unternehmensvermittlung GmbH in Brühl und als Nachfolgebegleiter auf 10+ Jahre zurück. Mit sanfter Hand und konkretem Blick auf den Gesamtprozess, begleitet er abgebende Unternehmende in dem nicht trivalen und emotionalen Ablauf einer Nachfolgeregelung und hat 20+ Unternehmen die Nachfolgeregelung ermöglicht. In Workshops teilt Bernd Friedrich mit den künftig abgebenden Unternehmenden seine Expertise zum Gesamtprozess und berichtet aus der erlebten Praxis.

Nachfolge-Herausforderungen zwischen den Formalitäten

von Annegret Garschagen, August 2024

Alex ist seit Jahren darauf vorbereitet das Unternehmen seines Vaters zu übernehmen. Es gibt Pläne sowie Übergangsfristen und rechtlich ist im Prinzip alles geregelt. Es herrscht eine scheinbar große Einigkeit, wie das ganze ablaufen soll. Doch je mehr es auf die finale Übergabe und damit den Rückzug des Vorgängers, seinem Vater, zugeht, desto öfter kommt leise Sand ins Getriebe. Irritationen werden häufiger, Absprachen scheinbar nicht eingehalten, der geplante Rückzug aus dem operativen Kundengeschäft wird immer wieder verschoben. Klar, dafür gibt es immer einen scheinbar plausiblen Grund – aber de facto spürt Alex, dass da was nicht stimmt und leidet unter dem Verdacht, sein Vater traue ihm die Sache doch nicht so recht zu.

Leider ist das keine weit hergeholte Konstruktion, sondern etwas, das wir vom RheinFolge e.V. bei der Begleitung von Unternehmen in der Übergangs-Phase desöfteren erleben. Schwierig ist eine solche Dynamik leider direkt in mehrfacher Hinsicht:

==> Es belastet die familiäre Vertrauens-Beziehung nachhaltig – das gilt natürlich auch für außerfamiliäre Nachfolgebeziehungen.
==> Die Irritationen schwingen im ganzen System Unternehmen mit – die Mitarbeiter:innen und Geschäftspartner:innen bekommen das mit. Es können ungünstige Koalitionen entstehen, die sich negativ auf die Unternehmensentwicklung und das Image auswirken.
==> Energie und Zeit, die für Innovation, Digitalisierung und zukunftsfähigen Ausbau der Geschäftsfelder benötigt wird, wird durch die Konflikte aufgezehrt, auch wenn sie nur subtil ablaufen. Stillstand – ja, sogar Rückschritt – kann die Folge sein.

Um diese Dynamik von vornherein auszubremsen, möchte ich Ihnen heute 3 simple Empfehlungen geben, die -beherzt und richtig umgesetzt- direkt Abhilfe verschaffen.

Operatives Time-Out
Führen Sie einmal im Monat ein Meeting ein, in dem es nur um das Voranschreiten des Prozesses, Strategisches und die gegenseitigen Erwartungen geht– nicht um Entscheidungen auf der Ebene des operativen Tagesgeschäftes. Schaffen sie dafür ein Setting, das Diskretion und eine vertrauensvolle Atmosphäre ermöglicht.

Folgende Fragen können dabei ein hilfreicher Leitfaden sein:

==> Wie geht es mir mit unserem geplanten Prozess?
==> Welche Wünsche habe ich an Dich?
==> Wo brauche ich Unterstützung?
==> Wo möchte ich mehr Einfluss/Gestaltungsfreiheit?
==> Was fällt mir schwer? (z.B. was fällt mir schwer loszulassen? Oder: welcher Verantwortungsbereich fällt mir noch schwer und was hilft mir, darin sicherer zu werden?)
==> Was entscheiden wir aufgrund des gegenseitig Gehörten miteinander? Ökocheck: tragen wir die Entscheidung wirklich mit? Wenn wir innerlich schwanken: welche Vorbehalte haben wir?

Rückzug
Planen Sie als Vorgänger Ihren Rückzug realistisch und überlegen Sie sich, was Ihnen hilft, loslassen zu können. Dazu gehört auch, sich rechtzeitig zu überlegen, was Sie sich für Ihre Verabschiedung wünschen. Verabschiedungen gibt es viele: von Kunden und langjährigen Geschäftspartnern (zumindest in der Rolle als geschäftsführender Inhaber), von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Vielleicht möchten Sie ja sogar zusätzlich in einer eher privaten Runde von Familie, Freunden und Weggefährten auf das Geleistete anstoßen und das Kapitel würdig schließen. Alles, was Ihnen hilft, bewusst auszusteigen und Ihren Anteil am Unternehmen zu würdigen, unterstützt einen „echten Ausstieg“ aus der alten Rolle. Und ja, es gibt auch den „unechten Rückzug“ – den haben Sie z.B., wenn Sie noch lange als Berater im Hintergrund agieren (so das definierte Rollenprofil) und dennoch regelmäßig in operative Geschäftsentscheidungen eingreifen. Machen Sie sich klar, dass damit auch immer eine Grenzüberschreitung gegenüber der aktuellen Nachfolge einhergeht.

Vision und Zukunftsszenarios:
Erlauben Sie sich als Nachfolger eigene Ideen und Visionen bewusst zu entwickeln. Nicht nur punktuell, sondern als umfassendes Zukunftsszenario für die Unternehmensentwicklung. Was wie eine Bagatelle und nach „Kernaufgabe Unternehmertum“ klingt, ist tatsächlich nicht immer selbstverständlich. Das hat meiner Erfahrung nach sehr unterschiedliche Gründe. Hilfreich ist es hier auch eine „Taskforce“ aus allen Perspektiven des Unternehmens um sich zu scharen, um auch das Wissen des Systems ausreichend zu berücksichtigen und zu würdigen. Gleichzeitig fördert das Eingebundensein die Akzeptanz für Veränderungsvorhaben. Geben Sie gleichzeitig aber auch der Frage „Was möchte ich bewahren?“ ausreichend Raum und kommunizieren auch das auf angebrachte Weise im Unternehmen. Bei all diesen Überlegungen kann -teilweise sollte- auch der Vorgänger mit seinen Erfahrungen, seinem Know-How und seinen Ideen noch mit eingebunden sein. Inwiefern, ist sicherlich eine Entscheidung, die im Einzelfall unterschiedlich zu bewerten ist.

Grundsätzlich kommt es bei der Kommunikation von Veränderungsvorhaben auf Fingerspitzengefühl, den richtigen Zeitpunkt und auch eine kluge Reihenfolge an. Nicht selten kommt es vor lauter schwungvoller ad-hoc-Veränderung zu Irritationen im System, die unnötig sind. Entweder weil noch kein Verständnis und damit auch keine Akzeptanz im Unternehmen existiert oder weil die Belegschaft das Gefühl vermittelt bekommt, alles, was sie bisher gemacht haben, sei jetzt „unnütz“. Innovation, neue Geschäftsfelder, Digitalisierung: Ja, unbedingt! Nur bitte in einer Dosis, in der ein gesunder Wandel erfolgen kann.

Zur Autorin: Annegret Garschagen begleitet als Coach und Organisationsentwicklerin Unternehmer:innen und Unternehmerteams in der Nachfolge. Mit ihrem psychologischen und betriebswirtschaftlichen backround begleitet sie die komplexen Situationen als Sparring über einen längeren Zeitraum hinweg.

UNTERNEHMENSVERKAUF –DER PROZESS MIT EINEM NACHFOLGEBEGLEITER

UNTERNEHMENSVERKAUF –
DER PROZESS MIT EINEM NACHFOLGEBEGLEITER

Eine erfolgreiche externe Unternehmensnachfolge wird strukturiert geplant, konsequent und professionell umgesetzt. Deshalb sollte man diesen Verkaufsprozess mit einem Nachfolgebegleiter begehen. Der Nachfolgebegleiter muss im Vorfeld angesprochen werden, damit der abgebende Unternehmer rechtzeitig mit ihm den Nachfolgeprozess starten kann. Nachfolgeregelung ist eine strategische Aufgabenstellung eines jeden Unternehmers. Von der Beauftragung eines Nachfolgebegleiters bis zum erfolgreichen Verkauf des Unternehmens muss mit einer Dauer zwischen 9 bis 15 Monaten gerechnet werden.

Vorbereitung

Vor dem Verkaufsprozesses werden die Gründe für den Verkauf erörtert und mögliche Käufertypen diskutiert. Es wird gemeinsam ein grober Zeitplan für den Verkaufsprozess festgelegt. Basierend auf  den vorliegenden Zahlen / Daten/ Fakten des Unternehmens und den geführten Gesprächen, nimmt der Nachfolgebegleiter eine Unternehmenswertbetrachtung vor. Das Ergebnis wird mit der Kaufpreiserwartung des Veräußerers abgeglichen. Der tatsächliche Kaufpreis wird auch durch nicht monetäre Einflussgrößen beeinflusst und ist am Ende das Verhandlungsergebnis zwischen den Parteien. Ergibt sich ein marktfähiger sowie abgestimmter (Verkaufs-)Preis für das Unternehmen,
wird ein Kurzportrait (Teaser) zum Unternehmen für die Erstansprache der Interessenten erstellt und mit dem Unternehmer abgestimmt. In diesem Dokument werden „Ross und Reiter“ nicht benannt, sondern nur sehr rudimentäre Daten zum Unternehmen. Es werden zum Beispiel die Branche, die Region des Firmensitzes, die Anzahl der Mitarbeitenden, der Geschäftszweck, die Umsätze, die EBIT-Margen und der (Verhandlungs-)Kaufpreis veröffentlicht. Zur weiteren Begeisterung der „echten“ (Kauf-)Interessenten muss ein Betriebsexposé vorliegen. In diesem sind detaillierte und aussagekräftige Daten zum Unternehmen preisgegeben. Das „Papier“ muss gut, attraktiv und professionell gestaltet sein. Der Interessent soll mit diesem animiert werden, sich mit dem Unternehmen sowie mit dem Unternehmer weiter zu beschäftigen.

Identifizierung

Anhand eines Suchprofils werden potenzielle Käufer identifiziert. Je nach Unternehmen kommen hierfür Strategen, Investoren mit mehreren Beteiligungen, MBI-Kandidaten oder eine Kombination dieser Möglichkeiten in Frage. Bei der Bestimmung der Auswahl potenzieller Käufer handelt es sich im Ergebnis um die sogenannte Shortlist. Durch das Netzwerk des Nachfolgebegleiters und ergänzende Datenbanken werden die Entscheider / Interessenten angesprochen, das Interesse hinterfragt bzw. geweckt und das Kurzportrait zur Entscheidungsfindung übergeben. In den nachfolgenden Gesprächen wird die Ernsthaftigkeit des Interesses der Kandidaten geprüft. Will ein Interessent mehr zum Betrieb erfahren, wird im nächsten Schritt eine Vertraulichkeitsvereinbarung (Non Disclosure Agreement) mit ihm abgeschlossen und erst dann dürfen „Ross und Reiter“, also Name des Unternehmen genannt werden. Das geschieht mit der Übergabe des Betriebsexposés an den Interessenten. Vor dem ersten Zusammentreffen von Verkäufer und Interessent prüft der Nachfolgebegleiter eignungsdiagnostisch dessen Fähigkeiten, Erfahrungen, Wertestruktur, finanzielle Potentiale und den unternehmerischen Impetus des Interessenten. Bei Eignung schlägt er den Kandidaten zum ersten Zusammentreffen (Gespräch im Betrieb) mit dem abgebenden Unternehmer vor.

Verhandlung

In der Verhandlungsphase finden (u.a. vor Ort im Unternehmen) mehrere Gespräche zwischen dem Abgebenden und den Interessenten statt. Hierbei stehen nicht nur das Kennenlernen, das Abklären von Fragen zum Betrieb, sondern auch die persönliche Wahrnehmung und der Eindruck im Mittelpunkt. Alle Gespräche zwischen den Parteien werden vom Nachfolgebegleiter stets begleitet und moderiert. Hat der Kaufinteressent weiterhin Interesse an dem Unternehmen, werden die offenen Punkte zur Abgabe eines indikatives Kaufpreisangebots besprochen und ein finales Angebot von ihm abgegeben. In der Folge prüft der Abgebende das Angebot. Hierbei fließen neben dem Kaufpreis und den Konditionen auch Aspekte wie persönliches Vertrauen und das zukünftige Konzept des Käufers in den Entscheidungsprozess mit ein. Nachdem die Entscheidung zum Fortgang mit einem (Kauf-)Interessenten getroffen ist, wird ihm ein tieferer Einblick in das Unternehmen gewährt. Zuvor wird eine verbindliche Absichtserklärung – auch LoI (= Letter-of-Intent) genannt – geschlossen. Diese entfaltet keine rechtlichen Auswirkungen, haben aber eine hohe „emotionale“ Wirkung. Warum? Der Interessent will sich nun noch intensiver mit dem Betrieb beschäftigen und hierzu ist ein hoher Aufwand notwendig. Bei dem LoI handelt es sich um einen „vorläufigen“ Kaufvertrag, in dem der Kaufpreis, die Zahlungsbedingungen, die zukünftige Rolle des aktuellen Gesellschafters, eine nachfolgende betriebswirtschaftliche Prüfung (= Due Diligence), Wettbewerbsverbote, Garantieverpflichtungen, Auflösungsbedingungen, ggfs. Finanzierungsaktivitäten durch eine Bank usw. geregelt werden. In den meisten Fällen führt der Abschluss des LoI auch zu einer erfolgreichen Transaktion. Zur Durchführung der DD wird seitens des Käufers eine Anforderungsliste mit den zu prüfenden Daten übermittelt. In der Regel findet diese Käufer-Due Diligence in Zusammenarbeit mit dessen Beratern (Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte) statt. Es geht für den Käufer darum, mögliche Risiken und Schwachstellen zu erkennen. Der Nachfolgegleiter berät und konzentriert sich in dieser Phase auf die korrekte Deutung der Erkenntnisse aus der Unternehmensprüfung und der Klärung der letzten Fragen und er moderiert diesen Prozess insgesamt.
Kommt es bei der DD zu positiven Ergebnissen, steht der Abschluss des Unternehmensverkaufs an. Basierend auf dem geschlossenen LoI arbeiten die Rechtsanwälte der Parteien den Kaufvertragsentwurf aus. Dieser zirkuliert solange zwischen den Parteien, bis alle Punkte besprochen, abgestimmt und formaljuristisch gesichert sind.

Abschluss

Sind alle Punkte im Kaufvertragsentwurf einvernehmlich verhandelt und abgestimmt sowie juristisch formuliert, wird der notarielle Kaufvertrag bei einem Notar unterzeichnet. Der Unternehmensverkauf ist in den meisten Fallen abgeschlossen, sobald der Kaufpreis bezahlt wurde. Jetzt ist der richtige Moment, den Abschluss (Closing) gebührend zu würdigen, um sich zum Beispiel gemeinsam zu einem Essen zu verabreden.

Übergabe

Mit dem im Kaufvertrag vereinbarten Zeitpunkt erfolgt formal die Betriebsübergabe und die
ausgehandelten Vertragsbedingungen werden umgesetzt. Die Nachfolge ist geregelt. Der Übernehmende führt den Betrieb fort.

 

Über den Autor

Als studierter Wirtschaftsingenieur (Maschinenbau) und ehemaliger Personalleiter diverser technischer Betriebe aus unterschiedlichen Branchen kennt Bernd Friedrich die Bedürfnisse von Unternehmensführern und Mitarbeitern. Dies war auch der Grund für ihn, sich auf Nachfolgebegleitung und -beratung der Unternehmensinhabenden technischer Betriebe zu konzentrieren. Seit 2012 ist er auf diesem Gebiet selbstständig tätig. Sein Schwerpunkt liegt in der Beratung und Begleitung des Unternehmenden entwickelnder, produzierender und vertreibender technischer kleiner und mittlerer (Handwerks-)Betriebe auf dem Gebiet der Unternehmernachfolge. Neben seiner Haupttätigkeit teilt Bernd Friedrich sein profundes Wissen und seine Erfahrungen aus der Praxis in Workshops sowie Webinaren.

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Die Kombination von Bitcoin und Cleantech

Die Kombination von Bitcoin und Cleantech

Wertsteigerndes Potenzial für Unternehmen?   

Die Auswirkungen der Ukraine-Krise haben viele Unternehmen auch insofern aus dem „Uns geht es gut – Winterschlaf“ geweckt, als dass plötzlich Energiekosten an Bedeutung gewannen. Wer in dieser Zeit ein PPA (Power Purchase Agreement/ Stromkaufvereinbarung) hatte, das auslief, hatte mitunter deutlich mehr schlaflose Nächte als zuvor.

Alle Geschäftsmodelle, bei denen Energiekosten einen relativ hohen Anteil an der Kostenstruktur ausmachen, sehen sich plötzlich in einer spürbaren Abhängigkeit, die unangenehm oder sogar kritisch für die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells sein kann.

Wer sich gerade mit solchen Abhängigkeiten befasst, weiß, wie sie sich kurz-, mittel- oder langfristig auf den Unternehmenswert auswirken können.

Regenerative Energiequellen sind heute schon mit Abstand die günstigsten in Bezug auf die Vollkosten. Nur die schwankende Versorgung und Investitionskosten in die nötige Infrastruktur, um diese zu nutzen, waren bisher noch Hinderungsgründe.

Eine Schlüsseltechnologie, die den Return on Invest in solchen Anlagen maßgeblich beeinflussen kann, ist Bitcoin. Ja, richtig gelesen. Insbesondere (aber nicht nur) im Kontext von Unternehmensverkäufen oder Nachfolgen lohnt es sich, hier einmal genauer auf die Potenziale zu schauen.

Die Kurzfassung lautet: Die Einbindung von Bitcoin und regenerativer Energiequellen in das Energiemanagement von Unternehmen hat das Potenzial, die Resilienz, Unabhängigkeit und Profitabilität eines Unternehmens maßgeblich zu steigern. Wir sprechen hier über die Verbindung der Sektoren Strom, Wärme, Mobilität und Vermögenswerte durch Bitcoin-Mining-Technologie.

Heißes Thema: Bitcoin und die Umwelt

Beim Thema Bitcoin kommt immer wieder diese eine, heiß diskutierte Frage auf: Ist das nicht total umweltschädlich?

Nun, es lässt sich leicht darüber diskutieren, ob man Norwegen, Bitcoin, die Weihnachtsbeleuchtung in Amerika, die Schokoladenproduktion, Kinderspielzeug oder Transatlantikflüge wegen ihres Energieverbrauchs verbieten sollte. Doch wenn man genauer darüber nachdenkt, wird schnell klar, dass alles, was Menschen tun, Energie benötigt. Die Frage, was davon zu verbieten ist, entpuppt sich somit als unsinnig, zumindest ist sie nicht zielführend.

Man wird schnell erkennen, dass es nicht wirklich darauf ankommt, ob wir gut oder schlecht finden, wofür Menschen Energie verwenden. Die entscheidende Frage ist vielmehr, wie Energie erzeugt wird, da dies tatsächlich beeinflussbar ist und sich vor allem über die Kosten von selbst reguliert. Es sei denn, Preise werden durch Manipulation, Subvention und Machtmissbrauch beeinflusst.

Daher sollten wir uns auf die Art der Energieerzeugung konzentrieren, wenn es tatsächlich um die Auswirkungen auf die Umwelt geht.

Es mag etwas komplexer sein, die Rolle von Bitcoin und deren Auswirkungen auf die Energieerzeugung zu verstehen. Daher sollten wir unbedingt sorgfältig prüfen und erforschen, ob Bitcoin nicht viel eher ein bedeutender Hebel sein kann, um den Umstieg auf erneuerbare Energien weltweit zu beschleunigen.


Mehr zum Thema:

Hörtipp zum Thema Bitcoin als Treiber der Clean Disruption in dieser Episode meines Podcasts INNOVATE+UPGRADE https://oberwasser-consulting.de/bitcoin-treiber-der-clean-disruption/

Warum sich jedes Unternehmen mit Bitcoin beschäftigen sollte kann man hier in dieser Episode des Podcast der Bitcoin Effekt https://www.fountain.fm/episode/14106359289

Über den Autor

Peter Rochel ist ein renommierter Experte und Berater für Jobs to Be Done (JTBD). Seit 2006 arbeitet er mit dieser Methode und hat seitdem ein einzigartiges JTBD Research & Innovation Framework entwickelt. Er ist Inhaber von Oberwasser Consulting®, einer spezialisierten Beratungsboutique für JTBD und Mitentwickler des The Wheel of Progress® Canvas. Rochel hat über 700 Unternehmen in unterschiedlichen Branchen bei der Anwendung der JTBD-Theorie unterstützt, um deren Produkte, Services, Marketing und Geschäftsmodelle zu verbessern und neu zu erfinden. Neben seiner Arbeit als Berater teilt er sein Wissen offen in Meetups, Podcasts, Workshops, Trainings und auf Konferenzen. Zudem ist er Aufsichtsratsvorsitzender eines Greentech Unternehmens und Co-Founder einer Managementberatung und Softwarefirma, die sich auf Bitcoin-Technologie spezialisiert hat um Organisationen darin zu unterstützen, Geschäftsmodelle frühzeitig auf die Disruption im globalen Geldsystem vorzubereiten.

 

Übertragende Sanierung – so funktioniert sie

Ist ein Unternehmen illiquide, klopfen die Gläubiger meist schnell an die Tür und fordern mit Nachdruck ihr Geld ein. Langwierige Geschäftsbeziehungen werden auf die Probe gestellt und auch eine möglicherweise erst für in einigen Jahren avisierte Unternehmensnachfolge leidet unter dem Vertrauensverlust. In solchen Situationen denkt ein übergabewilliger Unternehmer regelmäßig daran, weitere private Mittel zur Rettung des Unternehmens nachzuschießen und das Unternehmen so für die geplante Nachfolge zu stabilisieren. Oft kommen so schnell erhebliche Mittel zusammen, die im Insolvenzfall kompensationslos verloren wären.

Wenn das zu übergebende Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten gerät, kann sich im Einzelfall aber auch anbieten, keine zusätzlichen Mittel mehr zur Rettung nachzuschießen. Unter Umständen ist es sinnvoller, diese Mittel für einen Erwerb des Betriebes aus der Insolvenz durch den Nachfolger aufzuwenden und dadurch die „Altlasten“ zu beseitigen. Denn durch eine ehrliche Kommunikation mit den Beteiligten, eine stringente Planung und eine übertragende Sanierung kann ein „Neustart“ des Nachfolgers oftmals besser glücken als auf verbranntem Boden.

Wie eine übertragende Sanierung abläuft und welche Vor- und Nachteile sie bietet, soll der nahfolgende Beitrag skizzieren.

  1. Was ist eine übertragende Sanierung?
  2. Wie läuft eine solche Sanierung ab?
  3. Wer darf eine übertragende Sanierung durchführen?
  4. Was passiert mit den Arbeitnehmern?
  5. Welche Vor- und Nachteile hat eine übertragende Sanierung?
  6. Fazit

 

  1. Was ist eine übertragende Sanierung?

Kurz: Bei einer übertragenden Sanierung werden die Vermögensgegenstände eines Unternehmens im Rahmen eines Insolvenzverfahrens ganz oder in Teilen verkauft. Eine übertragende Sanierung dient somit in erster Linie der Befriedigung der Gläubiger im Insolvenzverfahren. Für den Erwerber des Betriebs hat sie jedoch den Vorteil, dass er das Unternehmen mit einem neuen Rechtsträger ohne die alten Verbindlichkeiten fortführen kann. Das Unternehmen erhält somit eine zweite Chance.

Im Einzelnen:

Wird ein Insolvenzverfahren eröffnet, ernennt das zuständige Gericht meist einen Insolvenzverwalter. Dieser ermittelt, wie es um das Vermögen des Unternehmens („Insolvenzmasse“) bestellt ist und versucht, die Gläubiger des zahlungsunfähigen Unternehmens zu befriedigen (§ 1 InsO). Hierzu stehen ihm verschiedene Mittel zur Verfügung. Gelegentlich versucht der Insolvenzverwalter, das insolvente Unternehmen zu sanieren und neu zu organisieren, um wieder eine gewinnbringende wirtschaftliche Tätigkeit zu ermöglichen. Möglich ist jedoch auch, das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung durchzuführen. Die Geschäftsführung des zahlungsunfähigen Unternehmens bleibt insoweit am Ruder, ist jedoch nunmehr in erster Linie den Interessen der Gläubiger verpflichtet. In diesen Fällen sind Sanierungsbemühungen deutlich häufiger.

Unter Umständen ist die bloße Reorganisation des Unternehmens (sog. operative Restrukturierung) aber nicht vielversprechend oder sogar aussichtslos. So etwa, wenn die Krise eines eigentlich gesunden Unternehmens durch ein exogenes Event verursacht wurde und die Finanzierung auf den Kopf stellt, wodurch die Eigenkapitalquote sinkt und Finanzierungskosten steigen. Dann kann eine sog. finanzielle Restrukturierung die Finanzierung neu ordnen und das Unternehmen selbst wieder wettbewerbsfähig machen.

Die finanzielle Restrukturierung besteht aus Gesprächen mit den Finanzierungsparteien, in denen diesen die Lage des Unternehmens vermittelt und ein Lösungsvorschlag unterbreitet wird. Oftmals kommt es hierbei zu einem sog. „Haircut“. Hierunter versteht man einen Abschlag auf den Wert einer Forderung, ausgedrückt in Prozent. Schuldet das Unternehmen der A-Bank AG z.B. 1 MEUR, erhält jedoch einen Haircut von 20 %, wird es fortan behandelt, als belaufe sich die Forderung auf lediglich 0,8 MEUR. Außerhalb eines StaRUG- oder Insolvenzverfahrens bedarf es hierzu aber stets einer Zustimmung sämtlicher betroffenen Gläubiger.

Ein besonders schlagkräftiges Mittel ist dann die „übertragende Sanierung“. Hinter ihr steckt folgender Gedanke: Auch wenn das Unternehmen ohne weitere Kapitalzuführung materiell insolvent ist, können einzelne Unternehmensteile, Vermögensgegenstände oder das Geschäftsmodell einen erheblichen Wert haben. Durch den Verkauf des Betriebes im Ganzen kann dann mehr Geld als bei der bloßen Zerschlagung erzielt werden und die Gläubiger des Unternehmens erhalten eine höhere Befriedigungsquote als bei der gewöhnlichen Liquidation.

  1. Wie läuft eine solche Sanierung ab?

Die übertragende Sanierung ist grundsätzlich erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens möglich. Technisch wird hierzu der Betrieb oder Betriebsteil von seinem ursprünglichen Rechtsträger (z.B. der GmbH) abgespalten und auf einen neuen Rechtsträger (z.B. GmbH) übertragen und fortgeführt, während die Verbindlichkeiten auf dem insolventen (alten) Rechtsträger verbleiben. Im Gegenzug zahlt der Erwerber einen Kaufpreis, der i.a.R. den Liquidationswert des Unternehmens übersteigt aber den tatsächlichen Wert des Unternehmens vor der Insolvenz nicht erreichen wird.

Der Unternehmenskauf kann hierbei grundsätzlich durch einen „Asset Deal“ oder „Share Deal“ erfolgen, wobei der Share-Deal nur in wenigen Fällen Sinn macht:

  • Bei einem Asset Deal werden die einzelnen Gegenstände des Unternehmens bzw. eines Unternehmensteils verkauft und auf den Käufer übertragen. So geht beispielsweise jedes Grundstück und jede Maschine einzeln in das Eigentum des Käufers über. Die Veräußerung von Sachvermögen in Form des Asset-Deals wird außerdem meist durch die Veräußerung immateriellen Vermögens (z.B. Kundenlisten und Marken) begleitet. Die Schulden und Verträge des Unternehmens verbleiben hingegen beim insolventen Verkäufer. Ein Asset-Deal ist bei einer übertragenden Sanierung der Normalfall.
  • Der Share-Deal kommt hingegen durch den Erwerb der Geschäftsanteile des insolventen Unternehmens zu Stande. Auf diesem Weg wird jedoch nicht nur das Vermögen des Unternehmens, sondern auch dessen Schulden erworben. Der Share-Deal ist bei einer übertragenden Sanierung daher nur selten Mittel der Wahl.

Der erzielte Kaufpreis geht an den Insolvenzverwalter, bzw. die von ihm verwaltete Insolvenzmasse. Dieser ist dabei gehalten, den bestmöglichen Erlös zu erzielen, um damit die Gläubiger des Unternehmens so gut er eben kann zu befriedigen. Insoweit muss eines klar sein: Ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung und auch eine übertragene Sanierung sind kein Freibrief, mit dem ein Unternehmer sich umsonst seiner Verbindlichkeiten entledigen kann. Erforderlich ist stets frisches Kapital („fresh money“), denn anderenfalls ist das Vorhaben zum Scheitern verurteilt.

  1. Wer darf eine übertragende Sanierung durchführen?

Die übertragende Sanierung erfolgt durch den Insolvenzverwalter oder bei Eigenverwaltung durch die Geschäftsführung des Unternehmens.

Aber Achtung: Eine übertragende Sanierung ist nur möglich, wenn die Gläubiger des Unternehmens dem Verkauf zustimmen (§ 160 InsO). Denn bei einem unwirtschaftlichen Unternehmensverkauf tragen gerade diese letztendlich die Verluste und müssen weiter auf ihr Geld warten. Die Zustimmung erfolgt durch den „Gläubigerausschuss“ oder die „Gläubigerversammlung“. Die Gläubigerversammlung ist aber mangels Teilnahme der Gläubiger oft nicht beschlussfähig (§ 76 InsO). Dann gilt die Zustimmung auch ohne Erklärung der Gläubiger als erteilt (§ 160 Abs. 1 S. 3 InsO). Nur in wenigen Fällen müssen die Gläubiger ausdrücklich zustimmen (vgl. §§ 162, 163 InsO).

  1. Was passiert mit den Arbeitnehmern?

Die Arbeitnehmer des verkauften Unternehmensteils gehen bei einem Asset Deal mit ihrem Betrieb auf den Käufer über. Dies ist gesetzlich angeordnet (§ 613a BGB). Der Käufer tritt somit als neuer Inhaber in Rechte und Pflichten des alten Arbeitgebers ein und muss die Arbeitnehmer über den Wechsel informieren (§ 613a Abs. 5 BGB).

Eine Kündigung wegen des Übergangs ist grundsätzlich nicht möglich (§ 613 Abs. 4 BGB). Dennoch: Ganz ausgeschlossen sind Betriebsbedingte Kündigungen vor oder nach dem Verkauf nicht.

Den Arbeitnehmern selbst steht ein Widerspruchsrecht zu. Üben sie dieses aus, bleiben sie bei ihrem alten Arbeitgeber (§ 613a Abs. 6 BGB). Steht das Unternehmen kurz vor der Abwicklung, macht der Widerspruch aber natürlich keinen Sinn.

Bei einem Share Deal erwirbt der Käufer ohnehin das Unternehmen selbst, sodass er ebenfalls Arbeitgeber der dort beschäftigten Arbeitnehmer wird.

  1. Welche Vor- und Nachteile hat eine übertragende Sanierung?

Die Wahl zwischen der weiteren finanziellen Unterstützung des Unternehmens, eine übertragende Sanierung oder anderen Alternativszenarien fällt oft schwer. Es ist daher wichtig, sich die Vor- und Nachteile der übertragenden Sanierung klarzumachen und diese im Einzelfall gegeneinander abzuwägen.

Insbesondere folgende Vorteile sprechen für eine übertragende Sanierung:

  • Die übertragende Sanierung ist kein Unternehmenskauf unter normalen Bedingungen. Insbesondere der Insolvenzverwalter ist an einem zügigen Verkauf interessiert, wodurch der Kaufpreis daher oft unter dem eigentlichen Wert des Unternehmens und den für eine operative Sanierung notwendigem zusätzlichen Cash-Flow Bedarf liegen wird.
  • Die übertragende Sanierung benötigt oft wenig Zeit. Der Prozess kann daher in vielen Fällen innerhalb weniger Monaten abgeschlossen werden. Eine operative Restrukturierung ist hingegen ein langwieriger und teilweise auch kapitalintensiver Vorgang.
  • Werden gesunde Unternehmensteile durch einen Verkauf „gerettet“, können Arbeitsplätze gesichert werden. Dies ist nicht nur im Sinne der Arbeitnehmer, sondern erspart dem Unternehmen auch Kündigungsschutzprozesse und Abfindungszahlungen.
  • Verbindlichkeiten gehen bei einer übertragenden Sanierung grundsätzlich nicht auf den Käufer über. Der Betrieb oder die rentablen Betriebsteile können so von Altschulden befreit werden und einen „Neustart“ wagen. Das gilt grundsätzlich selbst dann, wenn die Firma (also der Name) fortgeführt wird (vgl. BGH, Urt. v. 11.04.1988, Az. II ZR 313/87).
  • Auch Arbeitnehmerverhältnisse folgen dem Betrieb (§ 613a BGB).

Aber auch einige Nachteile sollten bei der übertragenden Sanierung bedacht werden:

  • Sobald ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Unternehmens eröffnet wird, können Wettbewerber in (Bieter-)Konkurrenz treten. Ist daher bereits absehbar, dass ein Mitbewerber Interesse an dem Betrieb hat, sollten die notwendigen finanziellen Mittel für das Höchstgebot bereitstehen. Schließlich ist der Insolvenzverwalter bei dem Verkauf allein den Gläubigern des Unternehmens und nicht dem Interesse des ehemaligen Gesellschafters verpflichtet.
  • Die Mitwirkung der Gläubiger kann in Einzelfällen zu Problem führen. Insoweit kann sich ein sog. StaRUG- oder ein sog. Insolvenzplanverfahren anbieten, in denen dissentierende Gläubigergruppen u.U. überstimmt werden können. Welches Vorgehen sinnvoll ist, bedarf jedoch stets der Abwägung im Einzelfall.
  • Es gibt einige gesetzliche Haftungsregeln, die der Käufer des Unternehmens beachten muss. So ist der Erwerber eines Grundstücks beispielsweise weiterhin für bereits verursachte schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verantwortlich (§ 4 Abs. 3 BBodSchG). Ein vollkommener Neustart ist dann oft nicht möglich.
  • Sobald ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, wird der Insolvenzverwalter die Krise und das Fehlverhalten der Beteiligten aufarbeiten und – wenn nötig – Maßnahmen einleiten, um den Schaden für die Gläubiger zu verringern. Die entsprechenden Risiken sollten lieber zu früh als zu spät identifiziert, minimiert und bei der Abwägung der Handlungsalternativen berücksichtigt werden.

Ob eine übertragende Sanierung sinnvoll ist, muss somit im Einzelfall entschieden werden. Die Beratung eines spezialisierten Beraters wird meist unumgänglich sein, um Vor- und Nachteile angemessen erfassen und abwägen zu können.

 

  1. Fazit
  • Bei einer übertragenden Sanierung werden Unternehmensteile aus einem Insolvenzverfahren erworben. Mit dem Verkaufserlös werden die Gläubiger des insolventen Unternehmens (teilweise) befriedigt.
  • Die übertragende Sanierung wird meist durch Verkauf des Unternehmensvermögens („asset deal“) durchgeführt.
  • Gläubigerausschuss oder -versammlung müssen grundsätzlich zustimmen.
  • Mit einem Betriebsteil gehen auch die dort beschäftigten Arbeitnehmer auf den Erwerber über.
  • Der Käufer steht hingegen nicht für die Schulden des insolventen Unternehmens ein.
  • Insgesamt kann eine übertragene Sanierung bei Unternehmen in der Krise dadurch im Einzelfall ein geeigneter Weg zur Unternehmensnachfolge darstellen. Insbesondere, wenn das Unternehmen weitere finanzielle Unterstützung benötigt, sollten Chancen und Risiken konkret abgewogen werden.